Welche ordnungspolitischen Maßnahmen müssen ergriffen werden, damit Kryptowährungen für Anleger und Konsumenten sicher sind? Henning Lindhoff zeigt die Herausforderungen von Regulierungsansätzen für digitale Währungen auf.
Jon Danielsson, Ökonom an der London School of Economics, ist sich sicher: Der Hype um Bitcoin und andere Kryptowährungen wird nicht mehr lange andauern. In einem Artikel für die Plattform „Vox“ schreibt er, dass die Regierungen mit Sicherheit dafür sorgen werden, dass das von ihnen kontrollierte Geld gesetzliches Zahlungsmittel bleibt. Insbesondere die US-Administration werde sich nicht zurückhalten.
Mit dieser Meinung steht Danielsson nicht allein da. In den Industriestaaten mehren sich kritische Stimmen, die die Alltagstauglichkeit von Bitcoin und Co., gerade mit Blick auf die potenziellen Gefahren für staatliche Geldmonopole, bezweifeln, vor Gefahren für Anleger warnen und finanzpolitische Regulierungsmaßnahmen fordern.
Wunder Punkt Steuerpolitik
Eine Umfrage der US-amerikanischen Online-Plattform Credit Karma zeigte vor wenigen Wochen die regulatorischen Fragestellungen rund um Kryptowährungen recht deutlich auf. Laut aktuellen Schätzungen werden aufgrund von Gewinnen mit Bitcoin und anderen Digitalwährungen alleine in den USA Kapitalsteuern für das Veranlagungsjahr 2017 in Höhe von rund 25 Milliarden US-Dollar fällig. Doch von 250.000 befragten US-amerikanischen Steuerpflichtigen gaben weniger als 100 an, dass sie ihre Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen versteuerten.
Die US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) ist bereits aufgewacht und hat den Online-Handelsplatz Coinbase um Angabe umfangreicher Informationen über seine Kunden gebeten. Als sich Coinbase weigerte, ging die IRS vor Gericht. Coinbase wurde zur Preisgabe der aktivsten 13.000 Nutzer verpflichtet.
Vor allem Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), hat sich bereits mehrfach negativ über Kryptowährungen geäußert. In einem IWF-Blogpost erläuterte sie die „dunkle Seite“ von Bitcoin als Vehikel für Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Doch obwohl Deutschland, Frankreich und Japan mehrfach schon darauf gedrängt haben, Kryptowährungen gemeinsam strenger zu regulieren, ist bislang noch kein Konsens dafür hergestellt worden.
Insbesondere das Financial Stability Board (FSB) hat den Regulierungsvorhaben bislang einen Riegel vorgeschoben. Das FSB ist dafür zuständig, das globale Finanzsystem zu überwachen. Damit fällt es dem Board zu, Gefahren für das Finanzsystem zu identifizieren und zu benennen. Unter anderem sind die Weltbank und die Europäische Zentralbank Mitglieder des Financial Stability Boards. Bei seiner Studie zum Gefahrenpotenzial der Kryptowährungen für das Weltwirtschaftssystem kam es zum Schluss, dass ein Verbot von Kryptowährungen aktuell noch kein vorrangiges Thema für den IWF sei. Allerdings werde es nun Metriken identifizieren, „um die Beobachtung der durch Krypto-Assets ausgehenden Risiken für die finanzielle Stabilität zu verbessern.” Das Financial Stability Board begründet seine Einschätzung zur Regulierung von Kryptowährungen mit deren geringem Anteil am globalen Finanzsystem. Auf dem All Time High der Marktkapitalisierung im Dezember 2017 betrug dieser gerade mal ein Prozent des globalen BIP.
Ein zusammenkopiertes White Paper, ein schlecht durchdachter Use Case, dazu ein bisschen Marketing – fertig ist so manche Geldmaschine, die sich als Initial Coin Offering (ICO) zurzeit auf den Markt begibt. Damit ist eine unregulierte Methode des Crowdfundings von Firmen beschrieben, deren Geschäftsmodell auf Kryptowährungen basiert. Mit dieser Methode der erstmaligen Kapitalaufnahme vermeiden Kryptowährungsfirmen den streng regulierten Prozess der Kapitalaufnahme, der von Risikokapitalgebern, Banken oder Börsen vorgeschrieben wird. In einem Initial Coin Offering wird ein Anteil einer neu emittierten Kryptowährung an Anleger verkauft im Austausch gegen staatlich emittierte Währungen oder gegen andere Kryptowährungen wie beispielsweise Bitcoin. Eine große Mehrheit dieser Start-ups scheitert bereits in den ersten Monaten nach Gründung – entweder weil der angepriesene Mehrwert keiner ist oder weil ihre Gründer sich mit den eingenommenen Summen aus dem Staub machen.
Aus verhaltensökonomischer Perspektive sind ordnungspolitische Maßnahmen zu begrüßen. Die psychologischen Fallstricke auf dem ICO-Markt wecken Erinnerungen an die Blütezeit des Investmentbankings in den 70er und 80er Jahren. Auch dieser Markt musste zum Schutz unbedarfter, uninformierter Anleger geordnet werden. Die strafrechtliche Verfolgung des Insiderhandels hat diesen Markt gestärkt und dem Ruf der Makler geholfen. Eine solche Regulierung wird auch den aus technischer Sicht verheißungsvollen Markt der Blockchains und Kryptowährungen in ruhige Fahrwasser und produktive Bahnen bringen. Auch hier müssen Anleger geschützt, Informationsdivergenzen begradigt und Interessenskonflikte verhindert werden. Die Kunst ist es auch diesmal, den Bogen nicht zu überspannen.
Fortschritte auf dem asiatischen Markt
Nachdem China und Südkorea im vergangenen Jahr sehr restriktiv gegen Tauschbörsen vorgegangen sind, streben beide Länder mittlerweile einen ordnungspolitisch sinnvollen juristischen Rahmen an. Die koreanische Financial Intelligence Unit (KFIU) erkennt Krypto-Börsen mittlerweile als Finanzinstitute an, was deren Legitimität in Zukunft wieder stärken wird. Dies hat jedoch auch zur Folge, dass sich die Börsen den gleichen Prüfprozessen stellen, die auch Geschäftsbanken und Wertpapierbörsen durchlaufen müssen. Auch Japan versucht aktuell eine Vorreiterrolle bei der Regulierung von Kryptowährungen einzunehmen. Allem Anschein nach entsteht im asiatischen Raum so etwas wie ein zukünftiges „Blockchain Valley“.
Hoffnungen weckt auch eine gemeinsame Initiative der deutschen und französischen Finanzministerien. Die Verantwortlichen beider Regierungen wollen in den kommenden Monaten eine gemeinsame Strategie entwickeln, den Krypto-Handel in geordnete Bahnen zu lenken. Das Bundesfinanzministerium sprach sich in diesem Zusammenhang klar für eine transnationale Regulierung von Kryptowährungen aus.
Gefahren minimieren, Chancen erhalten
Eine baldige deutsch-französisch geführte europäische Initiative zur weiteren Regulierung des Krypto-Handels ist zu begrüßen, wird aber voraussichtlich noch Zeit benötigen. Der europäische Ansatz muss darauf abzielen, die Risiken für Verbraucher zu minimieren, ohne die Kryptowährungen ihrer technischen Möglichkeiten zu berauben.
Eine solche nachhaltig gedachte Regulierung ist vor allem nötig, um der Blockchain zu einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz zu verhelfen und diese somit wahrhaft im Privaten wie im Geschäftlichen massentauglich zu machen.
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